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Wir waren 2015 bei KiR:

Margie Kinsky
Hagen Rether
Lars Reichow
Philip Simon
Die Lollipops

Bei uns ist alles Bio - Die Lollipops zündeten ein Feuerwerk der guten Laune

Seit 25 Jahren stehen die Lollipops auf der Bühne und zum zweiten Mal kamen sie nun zum Rheinstettener Kulturprojekt "KiR", um mit ihren Wohlfühl-Songs am laufenden Band das Publikum zu begeistern. In einem unterhaltsamen Jubiläumsprogramm mit dem bezeichnenden Titel "Silber" wagten die drei Sägerinnen Nicola Aydt, Beatrix Reiling und Yvonne Ehringer einen Blick zurück in ihre musikalische Vergangenheit.

 

Sie präsentierten auf der KiR-Bühne ihre Lieblingsongs von den Gospel-Anfängen über The Age of Aquarius bis zu Trude Herrs "Ich will keine Schokolade". Überhaupt: Männer, Weibsbilder und Girls, Girls, Girls durften genau so wenig fehlen wie ein zauberhaftes Medley mit Songs der 20er und 30er Jahre. Mit ihrer Version der "Glocken von Rom" nahmen sie mit Augenzwinkern Stellung, denn ausgerechnet bei der Liedzeile "alle schlagen für den Frieden", blieb der ersehnte Glockenschlag aus.

 

Als die berühmte Spiegelkugel ein letztes Mal einen bunten Sternenhimmel in die Aula des Schulzentrums zauberte, war das Disco-Feeling perfekt. Und als dann noch die Lollipops ihr Schlagermedley aus 21 Ohrwürmern zum Besten gaben, war das Publikum auf dem Siedepunkt.

 

Die Zugaben mit der effektvollen Schlussempfehlung "Nehms den Alten" rundeten eine gelungene letzte Veranstaltung in der Aula des Schulzentrums ab, bei der das Kulturprojekt "KiR" der SPD Rheinstetten in der Pause das gesamte Publikum zu einem Umtrunk als Dankeschön für 15 Jahre Treue zur KiR-Bühne eingeladen hatte.

Philip Simon überzeugte mit "Ende der Schonzeit"

Symbolträchtig stand sie bereits auf der Bühne: die Zwangsjacke. Dazu passte auch Philip Simons Aussage, das Leben sei einfacher, wenn die Umwelt glaube, man sei bekloppt. Überhaupt: die Themen, die der niederländische Kabarettist ansprach, waren vielschichtig. Ein bloßes Ablachen war nicht angesagt. Simon stellte Fragen und sein Publikum musste selbst nachdenken, denn perfekte Antworten gab er selten, dafür aber um so mehr Denkanstöße.

 

Traurig hatte der Niederländer begonnen mit der Feststellung, dass seine Nationalmannschaft nicht zur Fußball-EM fahre, um dann nachzuschieben: "aber euer deutsches Sommermärchen war tatsächlich ein Märchen." Oder mit dem Hinweis auf seine traurige Kindheit, die vier Meter unter Normal Null begonnen habe. Richtig ernsthaft setzte er sich mit den großen Themen der Gegenwart auseinander, der Flüchtlingsfrage, den Religionen, dem Bio-Boom oder den sozialen Netzwerken.

 

Das Ergebnis all seiner Überlegungen war die Erkenntnis, dass der Mensch an sich gut sei, bis er für sein Tun belohnt werde. Das spreche eindeutig gegen die Boni-Zahlungen an die Bank-Manager. Oder wenn er auf die Frage, "Wo geht man rein, lässt viel Geld liegen und geht zufrieden raus?" antwortet "Biomarkt", um noch zu ergänzen: "Wir sind so bio, wir verwesen noch zu Lebzeiten". Hart ging er mit der katholischen Kirche und allen Religionen ins Gericht, die allesamt den Kernsatz ihrer Lehre vergessen hätten: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!

Lars Reichow: Rettet die Aula-Grille im Mörscher Schulzentrum!

Es war ein unterhaltsamer, amüsanter Abend, als Lars Reichow "Nur das Beste" auf die KiR-Bühne brachte. Zumal das Publikum erleben konnte, wie der Gast auf der Bühne eine ungewöhnliche Bekanntschaft machte. Offensichtlich war es Lars Reichow noch nie passiert, dass während seines gesamten Auftritts ein hörbares zweites Gastspiel stattfand: Wie schon alle Künstler, die 2015 vor ihm auf der KiR-Bühne auftraten, war auch der Mainzer Kabarettist und Entertainer verzaubert von der Aula-Grille, die mit ihrem dauerhaften Gesang mit ihm zwei Stunden konkurrierte.

 

Die Faszination war so groß und nachhaltig, dass Reichow im Bewusstsein der bevorstehenden Neubau- und Sanierungsarbeiten im Mörscher Schulzentrum einen eindringlichen Appell ins KiR-Gästebuch schrieb: Rettet die Grille! Er selbst hatte zuvor mit seinen Geschichten und Liedern das Publikum gut unterhalten und einmal mehr bewiesen, dass er ein vorzüglicher Pianist und Entertainer ist. Lars Reichow ist kein bissiger, politischer Kabarettist. Seine Anmerkungen zu Politik und Gesellschaft kommen eher im Schafspelz daher.

 

Dass der Beifall der Pensionäre und Rentner "das Geräusch der Zukunft" sei, weil "Rentner die Mehrheit von morgen" sind, ist ein solcher kleiner Nadelstich oder wenn er über das Urlaubsverhalten der Deutschen und die Reaktion der anderen Europäer sinniert oder schlicht feststellt: "Wir haben nur Luxusprobleme". Ein besonders Schmankerl ist die Erzählung über die Arbeitshaltung und -belastung der Queen und ihre Familie: "Ihr Sohn wird nie Queen!" Und wenn Lars Reichow feststellt, wir seien tief verwurzelt im Neandertal, kann ihm niemand widersprechen.

 

Absolut toll ist seine musikalische Auseinandersetzung mit den Millionen Apps unserer Zeit und richtig nachdenklich wird Lars Reichow bei der Frage "Was für ein Mensch?" Doch wie bereits erwähnt: Das Bleibende an diesem Abend war die Begegnung des Mainzer Pianisten, Geschichtenerzählers und Entertainers Lars Reichow mit der Aula-Grille im Mörscher Schulzentrum!

Kabarett-Marathon mit Hagen Rether: "Langeweile ist das letzte Tabu unserer Gesellschaft"

Max Uthoff hatte gewarnt: Wenn Hagen Rether in Fahrt kommt und das Publikum passt, geht der Abend bis Mitternacht. Und so kam es auch. Rether ging nach 90 Minuten in die Pause, da beenden viele seiner Kollegen ihr Programm. Und als er trotz lang anhaltendem Beifall zum Schluss keine Zugabe bot, war es kurz vor Mitternacht. So etwas hatte die KiR-Bühne noch nie erlebt! Was Hagen Rether nahezu vier Stunden bot, war hochpolitisches Kabarett der Extraklasse ohne Politiker-Bashing.

 

Er verzichtete auf billige, Beifall heischende Gags auf Kosten der Merkels, von der Leyens oder Gabriels und beschäftigte sich stattdessen überaus intensiv mit dem Verhalten der Menschen in diesem Land. Da verwandelte sich manches Lachen in Betroffenheit und Nachdenklichkeit. Er hielt seinem Publikum gnadenlos den Spiegel vor. Zeit zu haben, nachzudenken, zu entschleunigen seien unbekannt in einer Gesellschaft, deren letztes Tabu Langeweile sei. Schon der Fötus habe abgekaute Fingernägel.

 

Früher gab es noch Briefgeheimnis und Achselhaar, da schlossen die Geschäfte noch um halb Sieben und "wir mussten wochenlang hungern, weil wir abends nicht einkaufen konnten." In Zeiten von Facebook, Twitter und Co mit der Kommentierung von allem und jedem merke man, dass Bildung nichts nütze und die ökonomisch Starken seien oftmals die sozial Schwachen, denen Anstand und Menschlichkeit abhanden gekommen sei. Das herausragende Kennzeichen der deutschen Gesellschaft sei die Präventivangst. "Wir haben Angst vor dem Islam, aber jährlich sterben 70.000 Menschen in Deutschland durch Alkohol.

 

Haben wir deshalb Angst vor Riesling?" Wut sei die Schwester der Angst und so nahm Hagen Rether die Wutbürger aufs Korn, die in Stuttgart und anderswo für die Erhaltung eines Parks demonstrieren aber in Indien Ayurveda-Urlaub machten und mit tausende Tonnen Kerosin unzählige Wälder unwiederbringlich zerstörten. "Die Leute gehen nicht mehr wählen und wollen mehr Demokratie!" Dieses Verhalten der Wutbürgergesellschaft brachte Rether zu der Erkenntnis: "Wählen ist wie Zähneputzen. Wenn du's nicht machst, dann wird's braun!" Christian Wulff, so eine weitere Erkenntnis, sei der beste Repräsentant des deutschen Volkes gewesen, denn er "war ein Spießbürger und Schnäppchenjäger". In Wirklichkeit wolle der Wähler nicht die Wahrheit wissen, denn man wähle nicht kognitiv. Wer einen fleischlosen Tag pro Woche fordere, werde abgestraft.

 

Man müsste ja unter Umständen Verantwortung übernehmen und für Verantwortung muss man was machen! Aber warum auch - "Man merkt die Freiheit nicht, wenn man sie hat!" Verfassung und Bergpredigt müssten die Grundlage unseres Tuns sein. Nicht Schwerter zu Pflugscharen sondern "Metzger zu Altenpflegern" müsse der Slogan der Zukunft lauten. Als Hagen Rether seinen Auftritt beendete, hatte auch er das letzte Tabu unserer Gesellschaft nicht gebrochen. Der Abend war zwar lang aber nicht langweilig!

"Hör mal - das ist der Hammer!" Margie Kinsky fordert Ota

Das Erlebnis begann weit vor Beginn des Programms, denn Margie Kinsky begrüßte jeden Gast persönlich, um ein Gefühl für die Menschen zu bekommen, die sie erleben wollten. Entsprechend familiär war der gesamte Abend. Margie Kinsky war eine Wucht, eine Power-Frau, die selbst die Satzzeichen nicht benötigte, um Atem zu holen.

 

Diese Mischung aus rheinischer Frohnatur und böhmisch-römischen Genen, verheiratet mit dem Kanadier Bill Mockridge, den sie den Holzfäller nennt, der aber auch Erich Schiller heißt und der Mann von Mutter Beimer in der Lindenstraße ist - diese Frau agierte auf der KiR-Bühne als wäre sie bei ihrem Publikum daheim im Wohnzimmer und erzählte die neuesten Geschichten aus dem Leben ihrer etwas größeren Familie; von den sechs Jungs Luke, Matthew, Liam, Leonardo, Jeremy, Nick, vom Holzfäller und von Oma Kinsky, deren Duft von 4711 tatsächlich zu erschnuppern war, je länger der Abend andauerte. Nein, Margie Kinsky brauchte keine teueren Gag-Schreiber, ihr genügte eine leichte Überzeichnung des alltäglichen Wahnsinns, um ihr Publikum aufs Beste zu unterhalten.

 

Dabei half ihr der überraschende Plausch mit den Gästen vor der Vorstellung ebenso wie ihre jahrzehntelange Erfahrung als Schauspielerin am Improvisationstheater "Springmaus" in Bonn. Dort hatte sie gelernt auf Menschen zuzugehen und sie mitzunehmen, was ihr auch in der Aula des Mörscher Schulzentrums vortrefflich gelang. Der Holzfäller, die Kinder und Oma Kinsiky waren die tragenden Elemente des Programms.

 

Die Geschichten vom Füttern des nachbarlichen Kois, von der Mini-Cooper-Tussie oder vom Kleiderkauf in einem römischen Modehaus waren amüsante Zwischenspiele, die aber letztendlich immer wieder bei der Familie und natürlich bei Oma Kinsky endeten: "Wer eine Oma hat, der ist immer Kind!" Eine Aussage, die breite Zustimmung fand ebenso wie Margie Kinskys "Forderung" nach einer Ota, der Oma-Tagesstätte als Ergänzung zur Kita. Mit ihrem "Sag ja zum Leben" und ihrem Credo keine Angst vor Fehlern zu haben, da es nur kleine Panne gebe, überzeugte sie von der ersten Minute ihres Programms an bis zum umjubelten Ende!